19. September 2016
Eine Autor(inn)engruppe der Fakultät für Psychologie der Universität Zürich hat im Auftrag von E-Government Schweiz die Zugänglichkeit von Behördendienstleistungen untersucht. Sie ist auf den prototypischen Online-Dienst-Benutzer Erich Erlediger gestossen. Dessen Erfahrungen mit dem Online-Angebot der Behörden hat sie in einer Experience Map aufgezeichnet. Die Benutzer/-innen sollten bei der Optimierung der Online-Angebote einbezogen werden, so eine der Schlussfolgerungen.
Die Fakultät für Psychologie der Universität Zürich hat im Auftrag von E-Government Schweiz untersucht, wie die Schweizer Bevölkerung heute auf elektronische Behördendienstleistungen zugreift:

Die Benutzer/-innen fragen


Um ein möglichst genaues und konkretes Bild zu erhalten, haben die Autorinnen und Autoren mit Use-Cases – Beispielen von konkreten Online-Dienstleistungen – gearbeitet. In einer Online-Umfrage und in persönlichen Interviews haben sie die Sicht der Bürgerinnen und Bürger erhoben. Sie wollten so die Nutzerprofile typischer Benutzer/-innen ermitteln. Zudem wollten sie aus den Erfahrungsbeschreibungen dieser Benutzer/-innen lernen.

Erich Erlediger: Persönlichkeitsmerkmale


Wer sind die Menschen, die sich dafür interessieren, Behördengeschäfte online zu erledigen? Von der Antwort auf diese Frage erhofften sich die Studienautorinnen und -autoren Hinweise zur optimalen Gestaltung der Behördendienstleistungen. Wer die Bedürfnisse, Motive und Erwartungen der potenziellen Benutzer/-innen kennt, kann diesen Benutzer/-innen ein besseres Benutzererlebnis ermöglichen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Online-Prozess erfolgreich durchlaufen, ohne den Kommunikationskanal zu wechseln. Zugleich werden sich zufriedene Benutzer/-innen in einem nächsten Fall eher erneut für den Online-Prozess entscheiden.

Wider Erwarten zeigte sich, dass alle Personen mit Präferenz für den Online-Kommunikationskanal sehr ähnliche Ziele und Motive haben. Aus diesem Grund wurde nur eine Persona, also nur ein prototypischer Benutzer, beschrieben. Diese Persona wurde „Erich Erlediger“ getauft und zeichnet sich durch ein höchst pragmatisches Verhalten aus: Er informiert sich online. Wenn er aber nicht innert nützlicher Frist den passenden Online-Dienst findet, wechselt er auf die E-Mail, das Telefon oder die persönliche Beratung am Schalter.

Verständnis für Behörden


Erich Erlediger empfindet die Behördengänge zum Teil als kompliziert. Er ist aber gegenüber den Behörden positiv eingestellt. Er ist sich bewusst, dass die Prozesse der Behörden komplex sind und hat Verständnis dafür, dass einfache Online-Dienste nicht immer möglich sind. Einfache Online-Schalter-Dienste würde Erich Erlediger künftig auch gern auf dem Smartphone erledigen, was sich heute jedoch meist als unmöglich erweise.

Experience Map


In einem nächsten Schritt haben die Autor(inn)en die Erfahrungen und Gedankengänge des Erich Erledigers am Beispiel einer Umzugsmeldung in einer Experience Map aufgezeichnet. Die Experience Map zeigt schematisch auf, wie sich Erich Erlediger Informationen beschafft und wie er sich verhält, wenn er diese nicht findet:

Erich Erlediger nutzt typischerweise Google, um die richtige Seite innerhalb der Behörden-Website zu suchen. Gelangt er dabei auf der Behörden-Website nicht an die richtige Stelle, passt er die Google-Suche an. Die Suchmaschine der Behörden-Website nutze er meist nicht, weil sich diese bei früheren Versuchen als untauglich erwiesen habe, so die Autor/-innen.

Findet Erich Erlediger anstelle des passenden Formulars eine passende E-Mail-Adresse, schreibt er eine E-Mail und lässt sich auf diesem Weg einen Link zum passenden Online-Formular zustellen. Als frustrierend empfindet er es, wenn er das Formular nach dem elektronischen Versand auch noch ausdrucken und per Post schicken muss. Es befriedigt ihn auch nicht, wenn er keine Empfangsbestätigung erhält und nicht erfährt, wie es nun weitergeht.

Empfehlungen


Als Handlungsempfehlungen halten die Autor/-innen zum Beispiel fest, dass Behörden ihre Online-Angebote besser bekannt machen sollten. Die Webangebote sollten nach Themen statt nach Behördenstrukturen aufgebaut sein. Die Online-Dienstleistungen sollten via Google leicht auffindbar sein. Die interne Suchmaschine des Webauftritts sollte laufend optimiert werden. Auf den Informationsseiten zu Behördendienstleistungen sollten auch gleich die Online-Dienste selbst zu finden sein. Die verschiedenen Dienstleistungen sollten möglichst gleichartig aufgebaut sein. Bei der Gestaltung der Online-Dienste sollten Benutzerinnen und Benutzer einbezogen werden, und zwar sowohl im Voraus als auch bei der Evaluation der Angebote.

Die Studienergebnisse sollen unter anderen als Grundlage für die Optimierung des Bundesportals www.ch.ch dienen. Zudem soll ein vereinheitlichtes CI/CD für nationale E-Government-Portale erarbeitet werden.


Weitere Informationen:
Schweizerische Bundeskanzlei, Sektion Kommunikation: Zugang zu elektronischen Behördenleistungen für die Bevölkerung, Massnahmen-Übersicht
Universität Basel, Fakultät für Psychologie, Forschungsschwerpunkt Mensch-Maschine-Interaktion MMI (Silvia Hein, Thomas Keller, Livia Müller, Klaus Opwis): Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu elektronischen Behördenleistungen in der Schweiz, Studie zur Erfassung der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger 2016

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