26. Mai 2016
Die Digitalisierung in der Schweiz stehe nicht dort, wo sie stehen könnte. Eine Studie im Auftrag von Swisscom und SIX zeigt einen Rückstand im mobilen Breitbandnetz, bei den Rahmenbedingungen für Start-ups und beim eGovernment.
„Switzerland’s Digital Future“: Diesem Untersuchungsobjekt widmete sich ein Autorenteam der EPFL Lausanne im Auftrag der Swisscom und des Finanzdienstleisters SIX. Basierend auf bestehenden Studien aus verschiedensten Quellen untersuchten sie die Stellung der Schweiz in für die Digitalisierung wichtigen Bereichen wie Netzwerk-Infrastruktur, Datenmanagement, Startup-Förderung, öffentliche Verwaltung und Gesellschaft. Trotz einigen Stärken ist die Schweiz von einer Führungsrolle in der Digitalisierung weit entfernt, meinen die Autor(inn)en:

Mobiler Aufholbedarf


In Sachen Mobile-Nutzung liege die Schweiz hinter den führenden Ländern zurück. Nur rund 77 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer haben ein Abonnement mit mobilem Breitbandanschluss, während in Südkorea 109 und in Singapur sogar 156 Prozent der Bevölkerung einen solchen Anschluss haben. Ein mobiler Breitbandanschluss ist in der Schweiz teurer als in den Nachbarländern, was sich unter anderem durch die strengeren Auflagen für die Netzbetreiber erklären dürfte. Zudem sind die gesamten Netzkapazitäten (Festnetz und mobil) pro Internetnutzer in der Schweiz mit 350 Bit pro Sekunde tiefer als in den hier führenden Ländern Grossbritannien (430 Bit/Sek) und Schweden (530 Bit/Sek.). Ein Hindernis für den Ausbau der Mobilfunknetze dürften insbesondere die höheren Anforderungen in der Schweiz beim Schutz der Bevölkerung vor nichtionisierender Strahlung darstellen.

Innovatives Potenzial


Beim Management und der Haltung und Nutzung grosser Datenmengen, beispielsweise in Datenzentren, sehen die Autor/-innen eine grosse Chance für die Schweiz, unter anderem aufgrund der hohen Glaubwürdigkeit der Schweiz im Bereich des Datenschutzes. Ein grosses Potenzial bescheinigen die Autoren der Schweiz grundsätzlich auch im Bereich der Fintechs, d.h. von innovativen Technologien zur Erhöhung der Effizienz von Finanzsystemen. Als Beispiele von Fintechs nennt die Studie etwa Paypal oder bitcoin. Dabei könnten der Schweiz auch die in vielen Bereichen hervorragende Infrastruktur und die doch hohe Internetnutzungsrate entgegenkommen. Doch so erfolgversprechend die Schweiz in mancher Hinsicht dasteht, so verbleiben aus Sicht der Autor(inn)en zwei weitere grosse Hindernisse:

Problemfall eGovernment


Die Schweiz biete nämlich erstens ein zu wenig unterstützendes Umfeld für Startups. Zweitens orten die Autor(inn)en im Bereich eGovernment einen grossen Rückstand. Dabei verweisen sie ausgerechnet auf den Global Innovation Index, der der Schweiz (auch) 2015 eine Spitzenposition zuerkannte. In Sachen „Government online service“ (Rang 64) und „Online participation“ (Rang 87) verwies dieser Index die Schweiz nämlich auf die hinteren Ränge. Die Autoren hoffen nun auf die E-Government-Strategie 2016 bis 2019 von E-Government Schweiz, welche die Entwicklungsrückstände der Schweiz beim Online-Angebot der Verwaltung wettmachen könnte.


Weitere Informationen:
EPFL Author Team (Christopher L. Tucci, Heidi Gautschi, Gianluigi Viscusi): Switzerland’s Digital Future – Facts, Challenges, Recommendations. Lausanne, 2016 (Studie unterstützt von SIX Group AG und Swisscom AG)
Mark Schröder: Bis zur Digitalen Schweiz ist es noch ein weiter Weg. Computerworld, 25. Mai 2016
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