27. Januar 2017
Die grosse Zahl der Online-Einkäufe in der Schweiz steigert auch die Bedeutung der Online-Zahlungen. Das zeigt eine Analyse des Schweizer Zahlungsmarkts im Auftrag des Bundesrats. Den Mobile-Payment-Lösungen prognostizieren die Autoren im Onlinehandel am ehesten ein grosses Potenzial, weil hier „die bisherigen Bezahllösungen eher umständlich“ seien.
Der Bundesrat ist dazu verpflichtet, alle vier Jahre die Postgesetzgebung zu überprüfen. In diesem Rahmen hat er das Wirtschaftsforschungsinstitut BAK Basel damit beauftragt, eine Analyse des Schweizer Zahlungsverkehrs vorzunehmen.

Funktionierendes System


Die Autoren beschreiben im Detail, wie der Zahlungsverkehr in der Schweiz heute funktioniert. Dabei wird zum Beispiel deutlich, dass in der Schweiz mit dem SIX Interbank Clearing (SIC) und dem Giro-Kontensystem der Postfinance zwei redundante Systeme für den Interbankenverkehr bestehen, die sich das Geschäft für Transaktionen zwischen Banken aufteilen. In Experteninterviews im Rahmen der Analyse wurde die Meinung geäussert, dass die beiden parallelen Systeme ihren Zweck effizient erfüllen. Über Postfinance werden seit 2006 konstant rund 60 Prozent, über das SIC rund 40 Prozent der Interbanken-Transaktionen abgewickelt. Das duale System sei wohl, meint ein Experte, in Krisen „resilienter“ als ein einziger Kanal.

Im Schweizer „Massenmarkt für bargeldlose Zahlungsinstrumente“ dominieren laut dem Bericht Debitkarten-Zahlungen (29%), Kreditkarten-Zahlungen (15%), Überweisungen per E-Banking (25%), papierbasierte Überweisungen per Rechnung (papierbasiert, 15%) sowie Überweisungen per Datenträger-Austauschverfahren und elektronischem Zahlungsauftrag (DTA und EZAG, zusammen 11%).

Dass in der Schweiz bereits ein hoch entwickeltes, funktionierendes System bestehe, führt aus Sicht der Experten auch dazu, dass neue Zahlungssysteme wie Blockchain in der Schweiz wenig Potenzial hätten. Dabei sei dieser Technologie durchaus ein grosses Potenzial zuzurechnen. In der Schweiz bestehe aber kein Bedarf nach einem zusätzlichen Instrument. In einem derart gut funktionierenden Zahlungssystem wie demjenigen in der Schweiz sind aus Sicht der Autoren denn auch generell keine sprunghaften Veränderungen zu erwarten.

Erstaunliche Unterschiede


Der internationale Vergleich bestätigt, dass die Zahlungspfade von Land zu Land sehr unterschiedlich sind. Die Zahlungsverkehrssysteme sind gewachsene Systeme, die stark von der jeweiligen Gesamtkonstellation in einem Land mitsamt vorhandenen Regulierungen geprägt sind. So werde zum Beispiel in Frankreich nach wie vor ein grosser Teil des bargeldlosen Zahlungsverkehr über Checks abgewickelt, weil die Banken nur auf dieses Zahlungsmittel keine Gebühren erheben. In Schweden wiederum sind Geschäfte nicht dazu verpflichtet, Bargeld anzunehmen, was zu einem rekordhohen Durchschnitt von rund 400 bargeldlosen Transaktionen pro Kopf beigetragen hat.

Allgemein gilt: Das Bezahlverhalten ist stark von Gewohnheiten bestimmt. Wer mit einem Zahlungsmittel zufrieden ist, wird nicht so schnell auf ein anderes umsteigen. Das ist auch die Ausgangslage, von der die Initianten von Mobile-Zahlungslösungen ausgehen müssen. Nur wenn es ihnen gelingt, einen klar ersichtlichen Mehrwert im Vergleich zu den bestehenden bereits sehr effizienten Zahlungsmitteln zu bieten, haben ihre Mobile-Payment-Lösungen eine Chance. Die Frage, ob sich schweizerische Mobile-Payment-Lösungen gegen ausländische Angebote wie Apple Pay, Android Pay und Samsung Pay durchsetzen werden, wird kontrovers beurteilt.

Online-Zahlungen


In der Schweiz werden Kreditkarten traditionell vor allem für die Bezahlung grösserer Beträge verwendet. Seit 2006 nimmt jedoch der Betrag pro Kreditkartenzahlung kontinuierlich ab. Die Autoren erklären dies vor allem mit der zunehmenden Bedeutung des Online- und Distanzhandels, wo Online-Zahlungen häufig nur per Kreditkarte möglich sind. Im internationalen Vergleich gehört die Schweizer Bevölkerung bezüglich Onlineeinkäufen zu den Spitzenreitern. Bereits 2014 gaben mehr als 60 Prozent der Erwerbsbevölkerung an, in den letzten drei Monaten Waren und Dienstleistungen über das Internet eingekauft zu haben. Zu den grössten Online-Händlern gehöre der Billettverkauf der SBB.

Der Online-Handel hat in der Schweiz also eine grosse Bedeutung. Das hängt auch stark mit der hohen Internetnutzungs-Rate zusammen, die ihrerseits stark mit dem Anteil der E-Banking-Nutzer/-innen korreliert. Den Mobile-Payment-Lösungen prognostizieren die Autoren im Onlinehandel ein grosses Potenzial, weil im Internet „die bisherigen Bezahllösungen eher umständlich“ seien. Während Bezahl-Apps den bereits heute sehr schnellen bargeldlosen Bezahlvorgang an der Kasse kaum beschleunigen könnten, könnten sie im E-Commerce noch eher durch ihre Anwendungsfreundlichkeit überzeugen.


Weitere Informationen:
BAKBASEL: Analyse des Schweizer Zahlungsverkehrs, Bericht z.H. des Bundesamts für Kommunikation BAKOM, 2016
Bundesamt für Kommunikation BAKOM: Postgesetzgebung hat sich bewährt – Verbesserungspotenzial erkannt, Medienmitteilung, 11. Januar 2017
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