18. November 2017
Durchschnittlich hat weltweit jede Person mehr als ein Mobiltelefon-Abonnement. In Afghanistan ist es aber nur jede siebte Person, in Kanada jede vierte und in Rumänien jede dritte. Die Chancen, von den Vorteilen des Internets und des Internets der Dinge zu profitieren, sind also ungleich verteilt. Das zeigt der „Measuring the Information Society Report 2017“.
Die Informations- und Kommunikationstechnologien verändern die Gesellschaft und die Wirtschaft. Sie wecken Ängste, eröffnen aber auch neue Chancen, gerade auch für Menschen mit wenig privilegierter Ausgangslage. Doch wie gut sind die Länder dieser Erde auf die Entwicklungen vorbereitet? Mit dieser Frage befasst sich der „Measuring the Information Society Report“ der internationalen Fernmeldeunion (ITU). Am 15. November ist der Bericht 2017 erschienen.

Positiver Trend


Immer mehr Menschen profitieren von den Fernmeldetechnologien. Der grosse Treiber ist dabei das Mobiltelefon. Durchschnittlich hat weltweit jede Person mehr als ein Mobiltelefon-Abonnement. Mehr als die Hälfte der Haushalte haben Zugang zum Internet. Die Versorgung mit Breitbandnetzen verbessert sich stetig. Auch hier sind es vor allem die mobilen Breitbandnetze, die sich rasch verbreiten.

Die Infrastruktur und die Nutzung der Infrastruktur sind die beiden gewichtigsten Subindizes der ITU-Messung. Beide Werte sind 2016 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Pro Subindex wird jeweils ein Wert zwischen 0 und 10 ermittelt, der den Entwicklungsstand beziffert. Aus den insgesamt drei Subindizes wird ein Gesamtwert ermittelt. Der Gesamtwert stieg 2016 im Vergleich zum Vorjahr weltweit um 0.18 Punkte und erreichte 5.11 Punkte. Für die Infrastruktur stieg der Wert um 0.10 Punkte, für die Nutzung um 0.31 Punkte.

Gräben


Der Bericht zeigt nicht nur positive Trends, sondern auch enorme Unterschiede. Vor allem Länder im Mittelfeld erreichten im Vorjahresvergleich grosse Fortschritte. Die weltweit grössten Fortschritte erzielten die Ländern Namibia, Iran und Gabon. Die ICT-Entwicklung korreliert stark mit der Wirtschaftsentwicklung. 37 der 44 Länder mit dem schlechtesten ICT-Entwicklungs-Wert sind Länder mit tiefster Wirtschaftsentwicklung (least developed countries LDCs). Spitzenreiter in der Gesamtklassifikation ist Island. Den zweiten Rang belegt Südkorea. Die Schweiz ist auf Platz 3. Der Graben zwischen den am stärksten und den am schwächsten entwickelten Ländern reduzierte sich im Vorjahresvergleich geringfügig.

Auch innerhalb der Länder zeigen sich grosse Unterschiede. So haben weltweit 70 Prozent der 15- bis 24-Jährigen Zugang zum Internet, aber nur 48 Prozent der Durchschnittsbevölkerung. Sogar in Afrika haben 40 Prozent der 15- bis 24-Jährigen Zugang zum Internet, aber nur 21.8 Prozent der Gesamtbevölkerung. Auch der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist weltweit beträchtlich, besonders in den Ländern mit der schwächsten wirtschaftlichen Entwicklung. Insgesamt hatten in diesen Ländern einer von fünf Männern, aber nur eine von sieben Frauen Zugang zum Internet. In Afrika hat sich der Unterschied zwischen den Geschlechtern in den letzten fünf Jahren vergrössert. Auch in der Schweiz hatten aber 2016 bereits 92.4 Prozent der Männer und nur 86.4 Prozent der Frauen Zugang zum Internet. Bemerkenswert ist die Situation in Nord- und Südamerika: Dort haben leicht mehr Frauen (66.7%) als Männer (65.1%) Zugang zum Internet.


Grenzen der Messung


Damit die Menschen von den Vorteilen der Informations- und Kommunikationstechnologien profitieren, brauchen sie Bildung. Der „Measuring the Information Society Report“ misst deshalb als dritten Subindex auch den Bildungsgrad (Subindex „skills“/Befähigung). Einer der Indikatoren ist dabei die durchschnittliche Anzahl Schuljahre. Dazu kommen die Anteile der Bevölkerung mit sekundärer und tertiärer Schulbildung. Der Bildungsgrad ist im Vergleich zu den anderen Werten innerhalb der einzelnen Länder sehr stabil. Er wird weniger stark gewichtet als die beiden anderen Subindizes Infrastruktur und Internetnutzung. Zwischen den Zeilen ist dem Bericht zu entnehmen, dass insbesondere die Anzahl Schuljahre als Indikator mit Vorsicht zu betrachten ist. In einigen Ländern ist dieser Wert hoch, die Internetnutzung aber tief.

Die begrenzte Aussagekraft des Bildungsgrads im Hinblick auf den Stand eines Landes im ICT-Bereich dürfte einer der Gründe dafür sein, dass die Anzahl der Indikatoren für den Bericht 2018 erweitert werden soll. Ziel ist es, die Vorbereitung eines Landes auf die folgenden vier Schlüssel-Trends zu erfassen: Internet der Dinge, Big-Data-Analysen, Cloud-Computing und Künstliche Intelligenz. Die Indikatoren müssen aber einfach sein, damit sie in allen Ländern zur Verfügung stehen.

Hoffnungen


Die genannten vier Schlüssel-Trends können, wie die Autoren betonen, in den einzelnen Ländern grosse Verbesserungen ermöglichen. So kann das Internet der Dinge in Verbindung mit Big-Data-Analysen die Produktionseffizienz und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen in einem Land optimieren. Die Cloud-Infrastruktur kann die Markt-Eintrittsschwellen für kleine und mittlere Unternehmen senken. Insgesamt kann also die ICT die Länder im besten Fall bei einer nachhaltigen Entwicklung unterstützen. Damit dies gelingt, muss die Politik in diesen Ländern aber grosse Anstrengungen unternehmen, zum Beispiel um den Datenschutz sicherzustellen und Einkommensunterschiede zu verringern.


Weitere Informationen:
ITU: Measuring the Information Society Report 2017, Informationen und Downloads
ITU: ITU reveals latest global ICT Development Index country ranking with release of Measuring the Information Society 2017 report, Medienmitteilung vom 15. November 2017
Christoph Grau: Schweiz belegt dritten Rang bei der ICT-Entwicklung, Netzwoche, 16. November 2017

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